Im Kommentar „Consent kann so einfach sein“ beschäftigt sich Contentpass CEO Dirk Freytag mit der aktuellen Entwicklung des Transparency and Consent Framework 2.0” (TCF2) des IAB Europe und den damit verbundenen Implikationen auf die gesamte Digitalwirtschaft.

Dirk Freytag bringt es auf den Punkt, indem er ein Szenario beschreibt, bei dem „uns künftig auf immer mehr Seiten als erstes eine Daten-oder-Zahlen-Abfrage begegnet“, wie beispielsweise bei der Nachrichtenseite SPIEGEL (online).

Die Frage, für welche Verarbeitungen und Dienste die Publisher zukünftig beim Weg “Weiter mit Werbung lesen” einen Consent der Nutzer einholen, bleibt weiterhin offen. Die Zukunft von digitalem unabhängigem Qualitätsjournalismus kann nur gesichert werden, wenn Publisher aufhören, sich die Regeln der Monetarisierung von nachgelagerten Playern in der Wertschöpfungskette, wie beispielsweise den Vermarktern, Consent-Management-Plattformen oder Unternehmen im Bereich der programmatischen Werbung, vorgeben zu lassen.

Im Besonderen muss die Hoheit über die Identifizierung der Nutzer von den GAFAM (Akronym: Big Five US-amerikanischen Technologie-Unternehmen) zurückerlangt werden. In anderen Branchen, wie beispielsweise der deutschen Reisebranche, insbesondere bei deutschen Reise-Startups, gibt es bereits aktuelle Vorwürfe des Monopolmissbrauches gegen die US-amerikanischen Technologie-Konzerne. Hintergrund ist, dass sich die GAFAM, allen voran Google, sukzessive von einer Werbeplattform zu einem Konkurrenten entwickeln, indem diese nach und nach tiefer in die Wertschöpfungskette eingreifen, beispielsweise durch die Abwicklung von Zahlungen. Dadurch könnten sie möglicherweise ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen.

Den Publishern wird es nur gelingen die Hoheit über die Identifizierung der Nutzer zurück zu erlangen, wenn diese auf Dauer intelligente Paywall-Modelle, welche die Registrierung in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken, entwickeln. Die Technologie „Cookie“ ist bereits heute ein Auslaufmodell. Losgelöst von der Technologie bleibt jedoch die Identifizierung der Nutzer ein essentieller Baustein für eine funktionierende Daten- und Digitalstrategie.

Paid Content: Die Puplisher benötigen zukünftig belastbare Digitalstrategien, welche den Schwerpunkt auf den Bereich Paid-Content legen und den Redaktionen eine belastbare Datenbasis verschaffen, um zukünftig das datengestützte Ausspielen von Content und teilpersonalisierte Angebote zu realisieren. Die skandinavischen Publisher sind hier sicherlich Vorbilder. Auch die Kombination von publisher-übergreifenden Angeboten unter einem gemeinsamen Abo kann überlegt werden, da User nur bereit sind wenige Abos abzuschließen.

Vermarktung: Die nationale und regionale Vermarktung, insbesondere auch das Data Driven Advertising, werden weiterhin eine wichtige Säule der Refinanzierung von Journalismus bleiben, die jedoch völlig neu und reduziert, was die Einbindung von Dritten angeht, gedacht werden muss. Ein spannender Ansatz ist beispielsweise das semantische Targeting, welches eine Werbeschaltung in sehr präzisen Themenumfeldern ermöglicht.

Es wird sich zeigen, inwieweit die hohen personellen und zeitlichen Aufwände für die Implementierung der Consent-Management-Tools unter Berücksichtigung des TCF 2.0 ein Schritt in die richtige Richtung sind, oder inwieweit diese Thematik den Publishern wertvolle Zeit für die wirklich dringenden und entscheidenden Fragestellungen raubt. Sollte sich hier Dirk Freytags Szenario des 2-Wege-Modelles durchsetzen, ist die Antwort sicherlich eindeutiger.

Die vorangegangen Ausführungen sind in keinster Weise ein Plädoyer gegen die Zusammenarbeit und die Schaffung von Synergien verschiedener Player im Digitalumfeld, sondern die Forderung nach der, bereits lang überfälligen, Schärfung der Publisher-Rolle dahingehend, dass dieser als datenschutzrechtlich Verantwortlicher und erster Touchpoint zum Nutzer, wieder die strategische Führung übernimmt.

Anschließend können sich die Publisher gezielt Partner suchen, welche sie bei der eigenen Strategie zielführend unterstützen, beispielsweise bei der Umsetzung von teilpersonalisierten Nachrichtenseiten und intelligenten Paywall-Lösungen. Hier spricht auch nichts dagegen, dass für gewisse Datenverarbeitungen wieder gezielt auf US-amerikanischen Technologie-Unternehmen zurückgegriffen wird.

Trotz und gerade wegen der sich immer weiter erschwerenden Zusammenarbeit mit amerikanischen Unternehmen, bleibt weiterhin die Hoffnung bestehen, dass sich in Europa die Digitalwirtschaft auf Basis von europäischen Wertevorstellungen weiterentwickeln wird, welche dem Möglichkeiten-Raum der amerikanischen Player gerecht wird und das Thema Datenschutz konzeptionell stärker berücksichtigt.

Eine nachhaltige und ganzheitliche Daten- und Digitalstrategie der Publisher kann nur gelingen, wenn der Datenschutz und die IT-Sicherheit von Beginn an mitberücksichtigt und eingewoben werden.

Daneben wird es auch Zeit, dass die Versprechen, die Angebote vom Nutzer her zu denken, in der Realität konsequent verfolgt werden.

Ich freue mich auf Ihr Feedback und eine rege Diskussion!

David Pfau
Managing Consultant